Donnerstag, 26. April 2007

WESER KURIER, 26.04.2007

Brilltunnel: Herzoperation für die Innenstadt
Nachwuchsarchitekten erarbeiten alternative Konzepte / Erhaltung und Umbau stehen an erster Stelle / Präsentation am Montag

ALTSTADT. Wenn es nach Lino Egermann und Olga Brito-Madrid geht, muss das "Bremer Herz dringend operiert werden." Egermann und Brito-Madrid sind zwar keine Chirurgen. Den Eingriff halten sie trotzdem für erforderlich. Wer nun glaubt, dass man es hier mit zwei Menschen zu tun hat, die Lust an riskanten Operationen haben, der irrt. Bei Egermann und Brito-Madrid handelt es sich nämlich um zwei Nachwuchsarchitekten. Das Herz, dem sie wieder zu alter Leistungsfähigkeit verhelfen möchten, ist der Brilltunnel.

Am Wochenende haben sich dort junge Architekten und Architekturstudenten getroffen, um Konzepte für die weitere Nutzung des Brilltunnels zu erarbeiten. Organisiert wurde der Workshop vom "Autonomen Architektur Atelier", dem Bremer Zentrum für Baukultur (BZB), sowie von jungen Architekten und Hochschulabsolventen."Der Brilltunnel ist kein Unort", stellt Michael Ziehl, der den Workshop ins Leben gerufen hat, klar. Man wolle zeigen, dass es Alternativen zur Schließung des Tunnels gebe, sagt Ziehl. Für ihn ist der Brilltunnel nämlich ein "toller Ort". Jeder kenne ihn. Man müsse den Tunnel wieder ins öffentliche Bewusstsein rücken, findet er. Und genau deshalb sei er auf die Idee gekommen, den Workshop zu initiieren.

Umbau statt Abriss

Von seiner Idee waren die Autonomen Architekten und das BZB sofort begeistert. Schließlich sei die weitere Zukunft des Brilltunnels unter Bremer Architekten ein brandaktuelles Thema, erklärt Ziehl. Erst recht, nachdem die Berliner Architekten Grüntuch und Ernst den Auftrag bekommen haben, die Kaufhalle am Brill umzugestalten. Umbau statt Abriss, so lautet Grüntuch und Ernsts Konzept. Und dieses machen sich auch die Bremer Jungarchitekten zu eigen. Egermann und Brito-Madrid gehen noch einen Schritt weiter. Sie wollen aus dem Brilltunnel das "pulsierende Herz Bremens" machen. Egermann, der im vierten Semester an der Hochschule Architektur studiert, findet, dass der Tunnel das Interesse der Passanten wecken solle. "Der Brilltunnel ist einzigartig in Bremen", stimmen beide überein. Deswegen dürfe er auch nicht geschlossen werden und müsse "wiederbelebt werden", sagt Brito-Madrid.

Ihr Herzkonzept sieht eine klare Aufteilung des Tunnels vor. Auf einem Pappkarton erläutern sie, wie sie sich die Zukunft des Brilltunnels vorstellen. Zwei Bereiche solle es geben, erklärt Egermann anhand des Pappmodels. Ein Bereich soll zum Verweilen einladen, der andere solle dagegen ein reiner Durchgangsbereich sein.

Der Workshop ist ein "sehr großer Erfolg", sagt Ziehl ziemlich zufrieden. 38 Teilnehmer, die sich in neun Gruppen aufteilten, erarbeiten verschiedene Nutzungskonzepte. Eine Gruppe will den Fußgängertunnel künftig als öffentliche Ausstellungshalle nutzen, eine andere will die Umrisse des Tunnels als "urbane Markierung" auf die Straße malen. Auch mit der Resonanz sei er sehr zufrieden, sagt Ziehl weiter. Passanten seien stehen geblieben und hätten sich informiert. Einige hätten sogar Tipps gegeben. Unter den Besuchern habe ebenfalls die Meinung vorgeherrscht, den Brilltunnel nicht zu schließen.

Alle Ergebnisse des Workshops werden am kommenden Montag, 30. April, ab 18 Uhr im Brilltunnel vorgestellt. Am gleichen Tag bietet das Autonome Architektur Atelier ab 17 Uhr einen Spaziergang rund um den Brilltunnel an. Treffpunkt für den Spaziergang ist kurz vor 17 Uhr im Tunnel.

© www.weser-kurier.de | von dem WESER-KURIER Mitarbeiter Christian Meyer, FOTOS: Walter Gerbracht

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